In einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ging es um die Beurteilung des sorgfältigen Handelns von Rettungssanitätern. Im konkreten Fall wurde einer Patientin ein Krankenhaustransport empfohlen, die jedoch ablehnte (Revers) und später verstarb. Das Erstgericht bekam vom Höchstgericht nun den Auftrag, fehlende Sachverhaltselemente noch herauszufinden, ehe der Fall abgeschlossen werden kann. Im Judikat des OGH kommen aber wichtige rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausübung des Sanitätsdienstes zur Sprache. Die wichtigsten Aussagen sind:
- Dem Rettungssanitäter obliegt die Beurteilung, ob eine Person überhaupt medizinisch indizierter Betreuung bedarf (vgl § 9 Abs 1 Z 1 SanG). Er hat damit eigenverantwortlich (§ 8 SanG) zu beurteilen, 1. ob eine medizinische Indikation für (weitere) (Hilfs-)Maßnahmen vorliegt sowie 2. wie dringlich diese sind, etwa ob ein Patient aufgrund seines Gesundheitszustands für eine ärztliche Abklärung bzw allfällige Behandlung in ein Krankenhaus zu transportieren oder – mangels Indikation zum Krankenhaustransfer – am Einsatzort zu belassen ist.
- Sofern ein entscheidungsfähiger Patient ihm angebotene (Hilfs-)Maßnahmen ablehnt, obwohl aus Sicht des Rettungssanitäters die angebotenen Maßnahmen indiziert erscheinen, ist dieser Verzicht zu beachten.
- Einem Patienten steht es demnach auch frei, eine eigentlich medizinisch indizierte Maßnahme abzulehnen.
- Den Rettungssanitäter kann in seinem Tätigkeitsbereich (§ 9 SanG) eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Patienten treffen.
- Die Aufklärung dient insofern auch dazu, dem Patienten die aus fachlicher Sicht des Rettungssanitäters in der konkreten Situation erforderlichen Maßnahmen aufzuzeigen und ihm eine ausreichende Information über diese zu geben. Dadurch werden die dem Rettungssanitäter erforderlich erscheinenden (Hilfs-)Maßnahmen dem Patienten, soweit diesem nicht ohnehin bekannt oder offenkundig, überhaupt eröffnet und wird ihm eine sachgerechte Entscheidung ermöglicht, ob er eine bestimmte Maßnahme in Anspruch nehmen will oder nicht.
- Vor der (endgültigen) Ablehnung einer ihm empfohlenen (Hilfs-)Maßnahme ist der Patient damit in der Regel über die entsprechende Maßnahme durch den Rettungssanitäter zu informieren.
- Sofern nach dem Zustand des Patienten dringliche (Hilfs-)Maßnahmen, etwa eine kurzfristige medizinische Intervention, eine rasche ärztliche Abklärung des Gesundheitszustands oder ein umgehender Krankenhaustransport, indiziert erscheinen, hat der Rettungssanitäter darauf aufmerksam zu machen. Die Information hat umso ausführlicher und eindringlicher zu sein, je klarer für den Rettungssanitäter die möglichen schädlichen Folgen des Unterbleibens sind und je dringlicher die (Hilfs-)Maßnahme aus der Sicht eines vernünftigen und einsichtigen Patienten erscheinen muss. Der Rettungssanitäter wird dabei also bei diesbezüglicher medizinischer Indikation auch auf die Dringlichkeit eines Krankenhaustransports zur weiteren ärztlichen Abklärung sowie die Hintergründe seiner diesbezüglichen Beurteilung aufmerksam zu machen haben.
Zum endgültigen Abschluss des Falles ist eine Sachverhaltsergänzung durch die erste Instanz nötig. Die Entscheidung bleibt abzuwarten, wobei die rechtlichen Ausführungen des OGH diesbezüglich zu berücksichtigen sind.
Quelle:
OGH 22.10.2025, 7 Ob 114/25b (Link zur Entscheidung / Langfassung)
OGH-Website (Kurzfassung)
18.11.2025
