Am 16. Dezember 2021 hat das deutsche Bundesverfassungsgericht eine Rechtssache zur Triage von behinderten Menschen entschieden. Das Gericht kommt zum Ergebnis, dass der deutsche Gesetzgeber Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz verletzt hat, weil er es unterlassen hat, Vorkehrungen zu treffen, damit niemand wegen einer Behinderung bei der Zuteilung überlebenswichtiger, nicht für alle zur Verfügung stehenden intensivmedizinischer Behandlungsressourcen benachteiligt wird. Wir haben darüber berichtet (Link).

Ein vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als zulässig erachtetes Kriterium ist das der klinischen Erfolgsaussicht der Behandlung. Dieses Kriterium stelle nicht auf eine Bewertung menschlichen Lebens ab, sondern allein auf die Wahrscheinlichkeit, die aktuelle Erkrankung durch Intensivtherapie zu überleben. Es sei deshalb nicht nur verfassungsrechtlich unbedenklich; vielmehr gelinge die notwendige medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung nur, wenn sichergestellt sei, dass allein nach der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit entschieden werde.

Erste Gesprächsrunden über die gesetzliche Umsetzung des Beschlusses haben unter anderem im
Gesundheitsausschuss des deutschen Bundestages stattgefunden. Wann es zu einem konkreten Gesetzesvorschlag kommt, ist derzeit noch offen.

Deutscher Bundestag, wissenschaftlicher Dienst, Bericht zur Triage (März 2022)

Quelle:
Deutscher Bundestag (Link)


08.04.2022